„Es gibt eine nicht alltägliche Wirklichkeit, die voll von all dem ist, was uns die Mythen lehren.“ – oder – „Es braucht in dieser Gesellschaft großen Mut, sich auf die Seite des Lebendigen zu stellen.“


Andreas Krüger

Langjährige Tätigkeit als Physiotherapeut, Ausbildung zum Heilpraktiker mit Schwerpunkten Homöopathie und Körpertherapie. 1982 Eröffnung eigener Praxis in Berlin-Charlottenburg. 1983 Mitbegründer der Samuel-Hahnemann-Heilpraktikerschule in Berlin, seit 1988 Schulleiter von “Hogwarts 2.0”. Großer Umfang an Vorträgen über Homöopathie, Mystik und Heilkunde. Mitbegründer des “Engel-Wolf-Schamanismus”, für den er deutschlandweit Schamanen ausbildet. Nennt sich selbst einen “Heilzauberer”.
https://andreaskruegerberlin.de/
https://samuel-hahnemann-schule.de/


Für meine Interviewreihe „Mach’s weghabe ich rund 50 Interviews mit verschiedensten Perspektiven auf das Thema Gesundheit geführt. Schließlich wussten schon unsere Großeltern: Das Wichtigste im Leben ist die Gesundheit. Aber was ist das überhaupt? Lässt sich Krankheit einfach „wegmachen“? Und wieso kümmern sich Menschen umeinander?


Laurens Dillmann: Wie sieht ein normaler Arbeitsalltag bei dir aus?

Andreas Krüger: Um sechs klingelt der Wecker. Als erstes nehme ich eine kurze Rückschau über die Nacht und meine Träume vor. Ich lasse Revue passieren und unterziehe sie einer Autodeutung. Wenn es für mich in diesen Träumen deutliche Hinweise auf homöopathische Mittel gab, schicke ich diese Aufzeichnungen an meine Behandler weiter. Dann stehe ich auf und mache meinen kleinen Übungsblock. Sieben Minuten Stehübungen, den kleinen Kreislauf und ich überprüfe meinen funktionierenden Solarplexus. Dabei singe ich mein Gajatri-Mantram. Um halb acht, spätestens um acht, beginnt der Arbeitstag in meiner Praxis, wo ich entweder mit Famulant oder alleine meine Klienten begrüße. Wenn ein Mensch das erste Mal in die Praxis kommt, habe ich für ihn eine Stunde Zeit. Wenn er ein zweites Mal kommt, eine halbe Stunde. Weil mich mittlerweile auch viele Leute außerhalb von Berlin kennen, mache ich auch Anamnese per Telefon. Das findet aber nur in Notfällen statt. Am liebsten ist mir, dass die Menschen vor Ort sind.

Ich nenne das, was ich in meiner Praxis tue, demokratische Medizin. Das heißt, die meisten meiner Patienten, haben sich von einem meiner radionischen Medien einen sogenannten individuellen Kurplan austesten lassen. Dieser Testchart ist frei einsehbar auf meiner Homepage, da stehen alle mir bekannten Therapiemethoden drauf, mit allen mir bekannten Therapeuten für diese Methoden. Ich würde sagen, 99 % aller Menschen, die zu mir kommen, testen, dass ich mit ihnen Homöopathie machen soll. Aber es gibt auch andere Dinge, die ich im Repertoire habe. Viele testen, ich solle mit ihnen auch schamanisch arbeiten. Viele testen auf ATA. Manche testen Leibarbeit. Manche testen, sie sollen in den Heilkreis kommen. Manche testen auf spagyrische Mittel. Alles Dinge, die ich kann und gelernt habe, die im Blumenstrauß meiner Praxisangebote enthalten sind.

So sieht ein normaler Praxisalltag aus. Dann kommen die Schultage, an denen ich morgens um acht beginne, zu unterrichten. Diese gehen meistens bis abends um halb sieben. Zudem gibt es zwei bis drei Tage in der Woche, wo ich Abendveranstaltungen habe. Aufstellungskreis, zweimal im Monat die Zauberstunde, einmal im Monat der magische Donnerstag, einmal im Monat Dozentensupervision und Vorstandssitzung. Im Schnitt mache ich pro Woche zweieinhalb Tage Praxis und zweieinhalb Tage Schule, dazu zwei bis drei Tage die Woche Abendveranstaltungen. Außerdem 34 Wochenenden im Jahr seminaristische Geschichten.

Ich nehme an, du tust das alles, weil es dich mit großem Sinn erfüllt?

Ich tue das alles, weil es mir unendlich viel Spaß macht. Ich finde es so schön, zu unterrichten. Es macht mir so viel Spaß zu sehen, wie sich junge Menschen entwickeln, wie sie auf ihren Weg und ihre Ressourcen kommen. Wie sie sich mit einem Mal an ihre Lebensplanung trauen. Der Begriff von Sinnhaftigkeit ist fast zu groß. Natürlich weiß ich, dass es sinnvoll ist, Menschen zu helfen, zu werden wie sie gemeint sind. Menschen von Leid zu befreien. Sie auszubilden, tolle Heiler, Schamanen, Aufsteller zu werden. Alles sinnvoll. Aber ich glaube, ich würde es nicht mit soviel Freude machen, wenn es nur sinnvoll wäre. Es ist auch ganz sinnvoll, mich vegan zu ernähren und ich mache es nicht. Es ist sinnvoll, jeden Tag eine Stunde Yoga zu machen und ich mache es nicht. Weil mir beides keinen Spaß macht. Damit ich überhaupt etwas mache, muss ich daran Spaß haben. Das ist das Allerwichtigste. Ich habe das große Glück, eine Arbeit zu haben, die mir gnadenlos Spaß macht. Deswegen ist Rente für mich überhaupt kein Thema. Ich hätte genug Geld und eine Lebenssituation, in der ich in Rente gehen könnte. Mache ich aber nicht, denke überhaupt nicht daran. Das ist eher eine Horrorvorstellung. Was wäre das für ein spaßarmes Leben, in Rente?

In deinen Vorträgen über Schamanismus sprichst du von der geistigen Welt. Was ist das?

Eines meiner wichtigsten Bücher war Rudolf Steiners: „Wie erlange ich Erkenntnis geistiger Welten?“ Heute nenne ich es lieber die nicht alltägliche Wirklichkeit. Es gibt für mich zwei Wirklichkeiten. In der alltäglichen Wirklichkeit sitze ich dir gegenüber. Du bist Laurens, ich bin Andreas. Und wir unterhalten uns, essen, trinken, streiten vielleicht auch mal oder sind liebevoll zueinander. Und dann gibt es aber hinter dir etwas, was ich nicht alltägliche Wirklichkeit nenne. Wenn ich mich dem zuwende, sehe ich deine Aura, deine Krafttiere, deine Geisthelfer, deine Zukünfte, deine Vergangenheit, wo es Traumata gab etc. 

Also, es gibt eine nicht alltägliche Wirklichkeit, die voll von all dem ist, was uns die Mythen lehren. Die voll ist mit Geistern, Engeln, Krafttieren, Gnomen, Feen, Elementargeistern. Und diese nicht alltägliche Wirklichkeit kann ich erleben, bereisen, mit ihr in Kontakt sein. Schamanismus und Zauberei leben über ihren Kontakt mit dieser nicht alltäglichen Wirklichkeit. Man kann sich ihr nahebringen und einen Zugang verschaffen, indem man eben ein Stück mehr in die Freiheit geht. In das nichtmaterielle Denken hinein. Dann passiert es zwangsläufig, dass sich diese nicht alltägliche Wirklichkeit einem öffnet. Ohne dafür extra Schamanismuskurse belegen zu müssen.

Auf welche Werte berufst du dich?

Der mir allerwichtigste Wert ist die Freiheit. Ich war schon immer jemand, seit Jugend auf, dem Freiheit wichtig ist. Von Timothy Leary und den psycholytischen Substanzen über Wilhelm Reich, hat mich immer wahnsinnig interessiert, was muss passieren, damit der Mensch frei sein kann? Mir ist ein Leben wichtig, in dem ich mich nach meinen Ressourcen und Wesensanteilen ausleben kann. Und ich will meinen Patienten helfen, dahin zu kommen. Ich werde oft gefragt, was meine Idee von Heilung ist, wie Menschen sein sollten. Ich sage immer, ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob Poly, Mono, Trio oder Quatro richtig ist. Ich weiß zwar, dass Single-Sein ungesund ist, aber auch da steht ein Fragezeichen hinter. Was ich weiß ist, dass Menschen, die es schaffen, frei zu werden, meistens auch relativ schnell gesunden und Formen finden, ihr Lebensglück so weit es sich zünden lässt, zu zünden. 

Diese Idee der Freiheit habe ich vor 25 Jahren in einem Traum eingepflanzt bekommen. Damals trafen sich in einem meiner Träume der indische Guru Ramana Maharshi und Bert Hellinger, der großen Prophet der Familienaufstellungen, dessen Seminare ich damals zu besuchen begann. Maharshi sagte zu Hellinger: „Bert, du lebst noch. Sag du`s ihm.” Bert solle mir etwas sagen. „Sag ihm, dass Heilung immer Freiheit ist. Keine Heilung ohne Freiheit.“ Ein Mensch, der seine Symptome verliert, in dem aber keine innere Wandlung in Richtung Freiheit stattfindet, mag ein paar Wochen symptomfrei bleiben, wird aber neue Symptome entwickeln. Wirklich kausale und haltende Heilung geht immer mit einem Prozess des Freiwerdens einher. Für einen Menschen, der heil und frei ist, ist alles möglich. Er kann vegan leben, jeden Tag drei Stunden yogischen Kopfstand machen, aber auch mal mittags eine Currywurst essen, ohne einen allergischen Schock zu bekommen. Auf Currywurst allergischen Schock kriegen, ist nämlich ein Zustand von Unfreiheit. Wenn man frei ist, kann man auch mal ohne schlechtes Gewissen und Angstzustände, von Gott gestraft zu werden, zwei Tage im Whirlpool zu liegen und sich einen kiffen. Freiheit heißt also – so die Botschaft des Traumes – alles ist möglich. Ich kann aber auch alles in mildiglicher Heiterkeit und fröhlicher Gelassenheit sein lassen. Dieser Traum hat mich damals wahnsinnig beeindruckt.

Es geht also bei der Heilerei nicht nur darum, dass Menschen Symptome loswerden, sondern um Freiheit. Ein freier Mensch muss nicht wie blöde konsumieren, und dreimal jährlich nach Bangkok fliegen. Dieser Mensch ist in sich frei und fühlt sich auch im Schlosspark Charlottenburg frei und wohl. Diese Freiheit der Menschen ist mir ein Anliegen. Weil ich in meinem Leben auch Zeiten hatte, in denen ich wahnsinnig unfrei war. Ich weiß, wie toll es sich anfühlt, wie das Leben weit und groß wird, wenn man in einen Zustand der Freiheit hineingeht.

Kommen viele Menschen zu dir, mit dem Wunsch, ihre Krankheit „wegzumachen“?

Ja, und das ist auch legitim. Man darf das wollen und ich diskutiere nicht über diesen Wunsch. Meine Erfahrung ist: Es passiert von selbst. Wenn ich mit einem Menschen arbeite und die Dinge mache, die sein Energiesystem sich von mir wünscht, verschwinden bestenfalls körperliche und geistige Beschwerden. Aber zu 95 % tritt, selbst wenn ich ein Mittel nur gebe, um ein „Symptom wegzumachen“, immer eine innerliche Bewegung des Menschen zur Freiheit ein. Mit einem mal verändern sie von ganz alleine Dinge in ihrem Leben, ohne dass ich es mit ihnen besprechen müsste. Ich sage ohnehin nie in meiner Praxis: „Wenn du nicht vegan, dann Schlaganfall…Wenn du nicht Yoga, dann Bandscheibenvorfall“ etc. Das halte ich für übergriffig und gewalttätig.

Besteht eine Hierarchie zwischen dir und deinen Patienten?

Erstmal vorab: Hierarchie ist für mich per se nichts Schlechtes. Meine Lehrer haben es mir immer so erklärt. Energie fließt von oben nach unten. Ich kann von jemandem nehmen, der etwas größer als ich ist, den ich innerlich sogar erhöhe oder idealisiere, den ich sehr für seine Kompetenz, Wissen und Lebenserfahrung wertschätze. Dann fließt das Gute dieses Menschen – ob er mein Lehrer, Coach oder Guru ist – oft leichter zu mir, als wenn ich mich über ihn erhöhe. 

Hellinger wurde mal gefragt, warum wir so oft in den Aufstellungen vor unseren Eltern, Gott, oder Lehrern knien. Er sagte bloß: Es fließt besser von oben nach unten. Das heißt nicht, dass der, der über mir steht, den wilden Diktator oder lycopodischen Rechthaber machen soll. Aber ich kann gut Hierarchien annehmen, nutzen und akzeptieren, die auf Lebenserfahrung, Kompetenz und Reife fußen. Davon profitiere ich. Meine Schüler finden es oft ulkig und sind irritiert, wie hingegeben ich meinen Lehrern bin. Da bin ich ein kleiner Devoti. Ich ehre meine Lehrer total. Ich glaube ihnen, ich schätze sie und bin ihnen wahnsinnig dankbar. Man könnte sogar sagen, ich liebe sie. Aber ich wähle Lehrer, für die es völlig uninteressant ist, mich zu dominieren. Bei all meiner Hingabe und meinem Ja zur Hierarchie der Kompetenz, fühle ich mich nicht klein gemacht, sondern zurück wertgeschätzt. Für mich ist Hierarchie ein Instrument, um besser nehmen und lernen zu können, auch um besser heil zu werden.

Das Problem vieler Lehrer heutzutage ist, sich total schwer zu tun, diese etwas erhöhte Position einzunehmen. Frag mal einen normalen Grundschullehrer: „Könnten sie mich bitte mal segnen? Ich finde das so schön, gesegnet zu werden“ Der kriegt eine Krise, sagt, ich bin doch kein Pfarrer. Stimmt ja auch. Mich hat der Segen meiner Lehrer immer tief berührt. Es hieß bei den Aufstellungen immer, der Krüger verbeugt sich ständig. Wenn die gewusst hätten, gerne hätte ich mich in einer Mönchsgeste alle Viere von mir streckend auf den Fußboden geworfen. Die Perser haben diese unwahrscheinlich schöne Angewohnheit, ihrem Großkönig die Füße zu küssen. Das sind Gesten, die ich mir auch vorstellen kann. Als Zeichen meiner Hinbewegung. 

Meine SMS unterschreibe ich gerne mit den Worten: Kotau, Kotau. Kotau ist eine Geste aus China, wo man zum Zeichen der Wertschätzung vor dem Anderen mit der Stirn auf den Fußboden tippt. Für mich sind diese Gesten Werkzeuge. Und ich merke, dass die, die sich hingeben können, eine Hierarchie fruchtbar zu nehmen imstande sind, später solche Gesten auch von ihren Schülern annehmen können. Ich glaube nämlich, dass Schüler ein tiefes Verlangen haben, ihren Lehrern in einer Haltung der Verehrung begegnen zu können. Die Lehre der modernen Didaktik, alles habe auf Augenhöhe stattzufinden, ist für mich nicht schlüssig. Hierarchie gehört zum Lebendigen und wenn sie aus einer Mächtigkeit funktioniert – nicht aus Machtanspruch – ist sie etwas ganz Wunderbares.

Kannst du die Rolle von Geben und Nehmen im Heilungsprozess beschreiben?

Diese Rolle ist eigentlich ganz einfach und sehr deutlich verteilt. Der, der nach Heil sucht, kommt zu mir. Hat meistens seinen Testbogen mitgebracht, auf dem steht, was sein Energiesystem will. Also auch da gibt es für mich eine klare Hierarchie. Ganz oben auf der Skala steht der Auftrag des Energiesystems. Ich sage das immer wieder: Das Energiesystem weiß besser als jeder Mensch, warum jemand krank geworden ist und was er braucht, um wieder gesund zu werden. Dieser Ebene des tiefsten Wissens gebe ich mich erstmal hin. Und folge ihr ziemlich bedingungslos. Angenommen, ein Patient kommt zu mir, will sich von mir helfen lassen  – was eine Grundvoraussetzung ist – und sagt: Stell mir deine ganze Kompetenz, deine ganze Matrix zur Verfügung. Denn ich habe in meinem Leben ganz viele Dinge befreit, transformiert und geheilt. Dann bin ich durch mein Sein Matrix für meinen Patienten. Der darf das dann auch nehmen. 

Man muss nur aufpassen, ob mit Schülern oder Patienten, dass es nicht in ein Ungleichgewicht von Geben und Nehmen kommt. Normalerweise ist das Geld ein relativ unkomplizierter Ausgleich. Ich mache, und du bezahlst mich dafür. Wenn man allerdings ganz viel gibt, sind Schüler oder Patienten manchmal so überschenkt, so überlobt, überwertgeschätzt, dass sie das Gefühl haben: Dieser Mensch ist so gut zu mir. Er gibt mir so viel. Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus.

Dann macht das System eine ganz eigenartige Entschuldungsgeschichte. Das hat uns Hellinger mal sehr schön erklärt. Ihr tut ganz viel für jemanden, ackert für den, beschenkt den, besorgt ihm Aufträge, und mit einmal fängt der an, euch ans Bein zu pinkeln. Und ihr wisst überhaupt nicht, warum. Wenn man dann damit ruhig bleibt und hindurchatmet, und nicht sagt: „Du alter Wichser, seit drei Jahren reiße ich mir für dich den Arsch auf und dann pinkelst du mich so blöd an. Was soll das?!“, sondern erkennt: Der tut das nicht, weil er böse ist, sondern weil er in eine riesige Schuld hineingekommen ist. Und sein einziger Ausweg ist, dich zum Arsch zu machen. Wenn ich jemanden nämlich zum Arsch mache, ist es nicht so schlimm, wenn ich mit ihm keinen Ausgleich erziele. So kommt die geschundene Seele aus der Dankesnummer raus.

Also, Geben und Nehmen geht für mich von Hand zu Hand. Wichtig ist die Frage des Ausgleichs. Es gibt Menschen, die ich umsonst behandele. Aber die sind mir so nah, und sie haben so eine uneingeschränkte Fähigkeit, von Herzen zu danken, dass mir klar ist, dass trotzdem ein Ausgleich stattfindet. Hellinger sagt auch, manche Dinge kann man nicht mit Geld oder Leistung ausgleichen. Da bleibt nur der Dank, Gott, Eltern, Lehrern oder Therapeut gegenüber.

Welche Qualitäten braucht ein Mensch, der andere heilen will?

Generell gilt, das habe ich in unserem Gespräch noch nicht gesagt: Wann immer Krüger sagt, so ist es, gibt es mindestens 1000 Ausnahmen. Auch alles, was ich jetzt sage, ist kein Dogma, keine reine Lehre. Heute würde ich sagen: Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um ein großer Heiler zu werden, ist: Dass man selbst viel von dem erlebt habt, was man heilen will. Ich habe das gerade noch mit einem Kollegen diskutiert. Die Dinge, die ich in meiner Praxis am allerbesten beherrsche, bei denen ich am besten helfen kann, habe ich selbst gehabt. Migräne, chronischer Mangel an Selbstbewusstsein, totale Verdrängung und Verleugnung von Wollust. All die Dinge, mit denen ich mich in meinem Leben in fast 40 Jahren Dauertherapie rumgeschlagen habe. Die ich noch nicht alle erlöst und geknackt habe. Aber viele davon zu 90, 95 %. Wie Herbert Fritsche in seinem Merlin so schön sagte: Nur die Hand, die vor Leiden zuckt, kann Leiden heilen. Und so ist es tatsächlich. Das macht dich zum Heiler. Eigene Probleme gehabt zu haben und zu haben, trotzdem weiterzukämpfen, nicht müde und schlaff werden. Und dadurch den Patienten außer handwerklichem Wissen – ich unterstelle allen, dass sie dieses haben – die eigene Matrix zur Verfügung zu stellen. Guck mal. Bei mir was das so und so und ich habe es wirklich geschafft, da rauszukommen. An so einer Matrix kann sich ein Patient erbauen, wie ich es nenne.

Was fehlt dem modernen Menschen, um gesund zu sein?

Auch hier wieder, Aufnahmen bestätigen die Regel. Ich würde sagen, das Hauptproblem des modernen Menschen ist seine Verhaftung im Materialismus. Dass er nur guckt, wie er die Bedürfnisse seines kleinen Egos erfüllt. Aber keinen Kontakt zu seinem Innersten hat, zu seinem Ich, zu seiner Seele. Und nichts von der Bedürftigkeit nach ganz Anderem weiß, die darin vorliegt. Deswegen ist es so wichtig, diesem Menschen Wege zu seinem, mit diesem innersten Selbst wieder in Kontakt zu kommen. Von Viktor Frankl habe ich gelernt: Das passiert nicht nur in der Innenschau. Nicht nur, wenn man sich jahrelang meditierend vor eine Wand setzt. Die Erkenntnis des eigenen Ichs braucht immer das Du. Im Du erkenne ich mich als das Ich. Frankl nennt es Selbsttranszendenz. 

Ich kann es aus eigener Erfahrung bestätigen. Das Gefühl, wirklich in Verbindung zu sein, mit einem Baum oder einem Menschen, ist das Gefühl, mit der gesamten Schöpfung verbunden zu sein. Und dieser Schöpfung fast zwangsweise dienen zu wollen. Dieses Gefühl fehlt dem modernen Menschen. Warum zerstört er seine Umwelt und die Ressourcen des Planeten? Warum bringt er sich und andere um? Weil ihm dieses Miteinander fehlt. Weil er sich nicht als Teil eines Ganzen begreift, bestmöglich advaitistisch untrennbar mit allem verbunden. Darum fühlen sich die Menschen wahrscheinlich im Wald so wohl. Letztens habe ich ein Seminar über Pilze mit Susan Schamfuß gemacht. Sie hat uns erklärt, was das Internet des Waldes ist. Jeder Baum ist durch ein ganz enges Myzel von Pilzen mit dem ganzen Wald verbunden. Wenn ein Mensch das wahrnehmen kann, wirft er keine Streichhölzer in den Wald und verdreckt ihn nicht. Und wird sich fürs Waldbaden einsetzen, und nicht für das Erzielen forstwirtschaftlicher Erträge.

Ich denke, all das, was wir heute auf der Welt erleben, kommt primär, weil der Mensch nicht in Kontakt mit sich ist. Sondern verhaftet in einer ganz unentwickelten, individualistischen Ich-Struktur. Ohne das Du geht es einfach nicht. Der Mensch ist ein soziales Wesen, kein Einzelgänger. Und er ist ein Erdwesen, wir kommen aus der Erde und werden zu Erde. Darum ist das Waldbaden, das du anbietest, so wahnsinnig wichtig. So wie ich es verstanden habe, ist es eine unbeschreibliche Erdarbeit. Baum, Erde, Kontakt, Wurzeln, Barfußlaufen, Hautkontakt. Es gibt eine schöne heileurythmische Übung, die ich früher gerne gemacht habe. Man läuft eurythmische Figuren und sagt: „Erde, ich spüre dich. Leis ich berühre dich. Fühlst du mein Menschenfuß? Spürst du mein Liebesgruß?“ Wunderschön. Mit Plateausohlen findet man diesen Kontakt natürlich nicht. Das ist schon eine Tatsache. Ich finde, es gibt kaum Schöneres, als barfuß durch einen bemoosten Wald zu laufen. Noch schöner ist nur der Strand. Was für dich vielleicht der Wald ist, ist für mich der Strand. Mein Lieblingsurlaub wäre 150 Kilometer pro Woche Strandlaufen. Ich laufe strand, am liebsten nasser Sand und die Wellen umspielen deine Füße. Da muss man ziemlich ackern, um voranzukommen. Es dauert keine halbe Stunde und ich spüre dieses Andere, dieses Einheitliche. Ich werde zum Strand, zum Wasser. Diese Gefühle fehlen dem modernen Menschen völlig.

Dass ihm das fehlt, liegt eben ganz viel an mangelhaft ausgebildeten Wurzelkräften, die sein Kontakt zur Erde sind. Gerade in der noch jungen Esoterikszene wird ganz viel an der Verbindung nach oben gearbeitet. Scheitelchakra öffnen, Engel, Channeling, wir fliegen zum Jupiter, bababap. Aber unten ist keine Kraft. Nur über diese Wurzelkräfte kommen wir in unsere Weltenmitte – in unser Hara, den Solarplexus. Ich habe erlebt, wenn sich Menschen wirklich im Raum zwischen Bauchnabel und Schambein befinden, haben sie Kräfte, die sie sonst niemals haben würden. Mein Zen- und Leibarbeitslehrer Karlfried Graf Dürckheim hat es vorgemacht. Er war schon sehr alt, Mitte 80, klapprig und blind. Stand mit seinem Stock inmitten des Zendo und forderte die Leute auf, jemand solle versuchen, ihn umzuwerfen. Stellte sich sofort jemand hinter den Grafen, tippte ihn an und der Graf fing an zu wackeln. Dann gab er seinen Stock weg und sagte: Augenblick. Stellte sich in seine Zen-Haltung und stand da. Und sagte: So, versuch es nochmal. Nagut, mit einem Schlag in die Fresse hätte man es natürlich geschafft. Aber er stand.

Das wird wohl die Essenz des Waldbadens sein. Stehen wie ein Baum. Einsam und frei. Brüderlich wie ein Wald. Das ist unsere Hoffnung. Und das fehlt dem Menschen. Er ist nicht einsam und frei wie ein Baum. Und gleichzeitig brüderlich wie ein Wald. Ich glaube, das sind die Hauptgründe für Umweltverschmutzung und Ausbeutung. Ein Mensch, der in Kontakt mit der Erde und seinen Geschwistern ist, hat ganz bestimmte Verhaltensmuster einfach nicht.

Spürst du darüber einen Weltschmerz?

Ja. Den spüre ich sogar heftig. Manchmal zerreißt er mir das Herz. Dann gebe ich mich dem auch mal hin. Weine und schreie und bin verzweifelt. Aber Dank meiner Lebenswirklichkeit bin ich im Kontakt mit so vielen Menschen. Als alter Pilzfreund sitze ich ständig in Kreisen, als Netzfreund bin ich ständig mit ganz vielen Menschen vernetzt. Ich verschicke nicht nur Smileys oder lade Bilder meines Hamburgers auf facebook, sondern nutze das Internet für meine Herzensangelegenheiten. So vergeht dieser Weltschmerz relativ schnell wieder. Und verwandelt sich in Aktion und Tun.

Ja, ich kenne den Weltschmerz. Und ich glaube, wer ihn – gerade heute – nicht kennt, hat Hornhaut auf der Seele. Wenn ich so ein vereinsamter Mensch ohne Kontakt zum Du bin, ist die Gefahr sehr groß, in diesem Schmerz zu versinken. Davon hat die Welt – wegen der ich diesen Schmerz empfinde – allerdings überhaupt nüscht. Aus diesem Schmerz sollte immer eine Hoffnung erwachsen, etwas tun zu können. Heute habe ich bei facebook eine tolle Geschichte über Gandalf aus Herr der Ringe gesehen. Gandalf sagt: Man denkt immer, man müsse große Heldentaten begehen, um das Böse aufzuhalten. Ganz falsch. Man kann das Böse nur wirklich aufhalten, wenn man auf einer ganz unteren, menschlichen Ebene Gutes tut. Mildigliche Heiterkeit, Mitmenschlichkeit, Solidarität und Zärtlichkeit verbreitet.

Ja wirklich, ich kenne dieses Gefühl. Da muss ich nur abends Nachrichten gucken oder Zeitung lesen. Ich verbanne das nicht, sondern finde es wichtig, mich damit zu konfrontieren und den Schmerz zu spüren. Aber am nächsten Morgen teile ich den Schmerz in einem meiner Redekreise, teile, was ich mir für Gedanken darüber gemacht habe. Ich bin eben ein alter Cirle-Way-, ein Pfad-des-Kreises-Mann. Der Kreis als Urgeometrie unseres Menschseins hilft mir, nicht in diesem Schmerz zu verharren. Sondern aus ihm Kraft zu schöpfen und aus ihm heraus zu verändern.

In einem deiner Texte schreibst du: „Gerade unter dem Mantel von Intuition und Hellsichtigkeit wird in Heilpraktikerpraxen viel Gewalt ausgeübt.“ Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen in der Esoterikszene aus Sehnsucht nach der “nicht alltäglichen Wirklichkeit” eine Weltflucht begehen wollen. Stimmt das?

Mein Lehrer Karlfried Graf Dürckheim hat immer wieder gesagt: Wer sich auf einen geistigen Weg begibt, wer sein Ich auflösen will, wer reines Licht werden will, der sollte erstmal ein Ich haben, das es aufzulösen gilt. Die meisten jungen Leute mit den tollsten geistvollen Gedanken haben noch gar kein Ich. Die sind wie eines der wichtigsten Mittel gegen Ichlosigkeit, der Bovist. Sie sind groß, sehen dick und prall aus, man piekt rein, es macht PFFF und die Luft ist raus. Die meisten Menschen, die den Himmel erobern wollen, haben überhaupt noch nicht die Erde erobert. In fast allen esoterischen Traditionen ist es eigentlich so, dass man, bevor man reines Licht wird, erstmal sein eigenes Dunkel ansehen, integrieren und erlösen sollte. Wiederum Dürckheim: Wer geistige Übungen macht, immer wieder zum Licht strebt, ohne Schattenarbeit zu machen, den holt der schwarze Mann von hinten. Rudolf Steiner spricht auch davon: Wenn ein Geistesschüler auf seinem Weg ist, begegnet er irgendwann einem Wesen, das er den ersten Hüter der Schwelle nennt. Dieses Wesen ist die Summe all seiner nicht durchleuchteten Schattenanteile. Viele machen Meditation, Meditation, Meditation, begegnen diesem ersten Hüter der Schwelle und gehen sofort in die Psychiatrie. Weil das ein unbeschreibliches Monster ist. Genau das ist die Große Gefahr! Wenn Menschen nicht in der Verbindung mit ihrem starken Ich und nicht in der Verbindung mit den Kräften der Erde stehen.

Dann wird eine Medizinpflanze wie Ayahuasca plötzlich zur hippen Modedroge, und man landet irgendwann in der Psychiatrie.

Wenn du allerdings meditative Übungen und gleichzeitig Schattenarbeit machst, wird dieser erste Hüter der Schwelle wahnsinnig sympathisch sein und dich einfach durchwinken auf dem Weg in die Himmel. Verwurzelung und Schattenarbeit sind für mich Grundvoraussetzungen solche Wege zu gehen. Ich gebe dir durchaus Recht über den Konsum psycholythischer Substanzen. Mit Ayahuasca habe ich zwar überhaupt keine Erfahrung, aber ich kenne viele, die diese Erfahrung in Südamerika im Beisein von Schamanen gemacht haben. Das hatte nie etwas von: Wir kippen uns das mal eben hinter die Binde. Das waren langwierige Prozesse, begleitet von Diäten, diversen Übungen, die die Menschen auf die Erfahrung der geistigen Welt vorbereiten.

Du sprichst in deinen Vorträgen oft über deine Unsicherheit mit deinem eigenen Körper. Warum tust du das?

Weil ich in einem Prozess bin. Weil ich mit manchen Dingen an mir nicht zufrieden bin und weiß, das verändern zu wollen. Ich glaube, gerade als Lehrer haben wir eine Verpflichtung unseren Schülern gegenüber eine Verpflichtung, authentisch, präsent und auch sehr selbstkritisch zu sein. Das, was bei uns nicht stimmt, wird auch geteilt. Wir sollen nicht so tun, unangreifbare Gurus zu sein. Damit machen wir uns nur lächerlich. Besonders unsere Schüler merken das sehr schnell. Natürlich, die Grundvoraussetzung für jede geistige Entwicklung ist das im Leib sein. Das geht für mich soweit, alles zu tun, um seine Sinnlichkeit, Wollüstigkeit, Sexualität und orgastische Potenz zu entfalten. Das wissen wir vom guten Wilhelm Reich, auf dessen Erkenntnissen viele Kommunen basieren, die sich auf freie Liebe und offene Sexualität berufen. Dass die meisten von uns Menschen einfach nicht so sind, wie sie gerne wären, bedingt sich aus dem Kontext 5000 Jahre vorchristlichen und christlichen Patriarchates, das ist wunderbar im Buch „Und sie erkannten sich – das Ende der sexuellen Gewalt“ von Lichtenfels und Duhm aufgeschrieben. Natürlich, mein Weg, den ich empfehle ist, immer mehr in den Leib hineinzugehen. Jetzt sogar mit Hilfe des Wassers, wo ich Leibarbeit mache. Es gibt keinen Umweg um diesen Weg.

Es gibt ja das Vorurteil, Esoterik wäre “Frauensache” und auch in deiner Schule gibt es wesentlich mehr Frauen als Männer. Wie ist deine Einstellung dazu?

Das hat zwei Ebenen. Natürlich hat man Männern meines Schlages – Testosteronmangel, Östrogenüberschuss – vor 45 Jahren Weiblichkeit vorgeworfen. Ich weiß noch, wie ich eines morgens, nach durchliebter, auch psychedelisch erfüllter Nacht, bei uns am Küchentisch saß. Mit kajalgeschminkten Augen, Ohrringen und Halskettchen, hüftlangen Haaren, in meinem indischen Hemd. Mein Vater kam herein, guckte mich an und sagte: „Eins sag ich dir. Wenn du schwul wirst, schneid ik ihn dir ab.“ Weiblichkeit wurde da ganz schnell mit Homosexualität gleichgesetzt. Ja, ich habe mich immer als sehr weiblichen Mann gefühlt. Und gewisse imperative Verhaltensmuster bei Männern waren mir über lange Zeit fremd. Generell finde ich es nicht schlimm, wenn ein Mann ganz viel Weibliches hat. Wenn es nicht verhindert, dass alles möglich ist. Wenn er aber auch imperativ sein kann. Mein erstes erotisches Krafttier war ein Manati, die Sehkuh. Ich kann stundenlang wiegen, umarmen, und das auch alles mit mir machen lassen. Aber das war eben nur die eine Seite der Medaille. Mein zweites erotisches Krafttier war der Wolf. Und damit kam die Imperativität in mein Leben, die meine Gegenüber auch sehr zu schätzen wussten. Auch hier: Freiheit ist, wenn alles möglich ist. Wenn ich als Mann ganz in meiner Weiblichkeit, aber auch ganz in meiner Männlichkeit sein kann. Wenn ich beides sein kann, ist alles möglich.

Der Heilpraktiker und die Homöopathie stehen in der Kritik. Hast du das Gefühl, um deinen Beruf kämpfen zu müssen?

Schwierige Frage. Das ist ein großer Prozess für mich und vor kurzer Zeit gab es nochmal eine ziemliche Wandlung. Ich habe noch nie erlebt, dass mein Beruf so angegriffen wurde wie zur Zeit. Auf der einen Seite gibt es auch unter Heilpraktikern immens viel Abwertung. Da fällt schon mal der Begriff Bastard-Homöopath. Manche Seminarleiter beginnen mit halbstündigen Abwertungen der Anderen. Da wird sich gegenseitig die Kompetenz abgesprochen, als könne man sich nicht vorstellen, dass es verschiedene Arten der Anwendung gibt. Tja, Hermes Trismegistos hat so schön gesagt: Wie innen, so außen. Das gilt auch für Berufsstände, wo es wenig Solidarität, viel Neid und Gegeneinander gibt. Ich glaube, viel dieser Dynamik ist selbst erschaffen. Wir Heilpraktiker und Naturheilkundigen waren auch lange Zeit nicht freundlich zueinander. Darum glaube ich, wir sind hier auf unsere eigene Zerstrittenheit hingewiesen. Innere Friedensarbeit ist da sehr wichtig.

In meiner Wahrnehmung war die Naturheilkunde noch bis vor zehn Jahren unbeschreiblich im Aufwind. Ich war damals hoffnungsvoll, heute darin die zweite große gleichberechtigte Medizin zu wissen, 50 % der Menschen würden sich homöopathisch behandeln lassen. Aber offenbar habe ich meinen Karl Marx nicht richtig gelesen. Dann hätte ich nämlich gewusst, dass die Pharmaindustrie – mit der herrschenden Medizin verbandelt – es überhaupt nicht zulässt, dass irgendwelche Verrückten mit Kügelchen kommen, die kaum etwas kosten, und behaupten, damit Schnupfen heilen zu können. Wenn ich den gleichen Schnupfen mit normalen Pharmaka behandele, die 15-20 Euro kosten, bis er halbwegs über den Jordan ist, verdiene ich damit einfach mehr Geld. In meinem kindlichen Idealismus habe ich damals nicht so weit gedacht. 

Inzwischen sehe ich, dass sich kapitalistische Strukturen schwer tun, abzugeben. Auf Umsätze zu verzichten. Es sieht so aus, dass wir eher unseren Planeten zugrunde richten als zu erkennen, dass das, was mit diesem Planeten passiert, zu 99,9 % hausgemacht ist. Ich habe gerade einen Bericht gelesen, dass in Australien Wasserrechte total privatisiert sind. Die ganzen Eukalyptuswälder, die dort gerade explodieren und allen um die Ohren fliegen, sind als riesige Monokulturen angelegt worden, weil diese Pflanze einfach so schön schnell wächst. Die Anfeindungen gegen meinen Beruf haben damit zu tun, dass die herrschende Medizin mit der Zeit definitiv Angst um ihre Pfründe gekriegt hat. Und wer Angst um seine Pfründe hat, hat keinen Humor.

Jetzt geht es darum, wie gehen wir als Heilpraktiker und Homöopathen damit um? Wir sollten uns Gedanken um unsere eigene Wertschätzung – die meist nicht vorhanden ist – füreinander machen. Anfangen, liebevoller, zärtlicher und undogmatischer mit uns selbst umzugehen. Das würde schon viel ausmachen. Dann gilt es zu begreifen, dass unsere Kritiker Jens Spahn und Heiner Lauterbach keine bösen Dämonen sind. A la Dalai Lama sollten wir selbst mit unseren Feinden liebende Güte machen – das Dämonenfüttern, eine buddhistische Meditationspraxis. Und gelassen, aber klar in die Argumentation mit diesen Menschen eintreten. Dann hoffe ich, dass es einen Punkt geben wird, wo vielleicht doch eine Einsicht erfolgt. Ich glaube, der Weg ist ein Miteinander. Ich möchte nicht in einer Welt ohne Antibiotika und Cortison leben. Aber ich möchte in einer Welt leben, in der ein Großteil der Antibiotikagaben mit ihren Nebenwirkungen überflüssig wird, weil wir für den normalen Schnupfen, Husten und Kinderkrankheiten, Neurosen, etc auf menschengerechte, nebenwirkungsfreie, naturheilkundliche Arzneien zurückgreifen können. Natürlich wird es dann zu einem Absinken der pharmaindustriellen Renditen kommen. Damit muss man schon leben. Es gibt keine menschengerechte Gesellschaft, die weiterhin nach den knallharten Gesetzmäßigkeiten einer kapitalistischen Ordnung existiert. 

 

Du schreibst in einem deiner Texte auch, dass Ärzte deine schamanischen Praktiken heimlich in ihren Praxen anwenden würden.

Manchmal auch unheimlich. Meine Freundin Dr. Beate Latour betreibt eine ärztliche Praxis, wo sie ganz öffentlich bekundet, dass sie dort homöopathisch-schamanisch arbeitet. Sie macht es und es gibt noch ein paar mehr. Aber viele machen es nicht, aus Angst. Über Standesgeschichten Nachteile zu bekommen, über verächtliche Kollegen. Es sind nicht nur die Heilpraktikerschulen, die unter der momentan politischen Situation zu leiden haben. Es sind auch die ärztlichen Ausbildungsgänge für Homöopathie, die durchaus merken, dass sie nur noch ein Drittel der Schüler und Studenten wie vor zehn Jahren haben. Wenn man bei denen nachfragt, wieso denn nicht, sagen sie, dass sie innerhalb des universitären Bereiches so ulkig angesehen werden. Dass sie Angst um ihre berufliche Vita haben. 

Es braucht in dieser Gesellschaft großen Mut, sich auf die Seite des Lebendigen zu stellen. Der alte Wilhelm Reich hat als Endwerk seines Lebens das wunderbare Buch „Der Christusmord“ geschrieben. Da sagt er, der Christus wird nicht unbedingt von den bösen Unterdrückern gemordet, sondern von den Unterdrückten, die noch in den Ketten hängen, aus denen er sich befreit hat. Der Sklave, der sich befreit, wird nicht nur von den Häschern seines Meisters verfolgt, sondern oft auch von seinen Mitsklaven. Menschen, die diesen Mut aufbringen, wird bis zur Existenzbedrohung mitgespielt. Ich kann mich erinnern an einen der ersten Ärzte, der aufstand, um zu sagen, was für Schrecklichkeiten raffinierter Zucker in uns anrichtet. Der Mann ist verfolgt und vernichtet worden. Die Zuckerindustrie hat ihn mit Klagen überhäuft.

Fühlst du dich in deinem Beruf wertgeschätzt?

Nein, für meine Arbeit, die ich leiste, fühle ich mich gesamtgesellschaftlich aktuell nicht wertgeschätzt. Wenn ich öffentliche Medien studiere, erlebe ich, wie auf mich und meinesgleichen eingeprügelt wird, wie man uns verunglimpft und die Kompetenz abspricht. Als Mensch mit Einsicht in die Gesetzmäßigkeiten von Schöpfungsbewusstsein gehe ich so damit um: Ich schaue mir diese Themen bei mir selbst an. Wo verunglimpfe ich mich noch selbst? Wo glaube ich nicht an mich und das was ich tue? Wo deligiere ich Spahn und Lauterbach, mir meine Kompetenz abzusprechen? All diese Verächtlichkeit kann ich über meine ATA-Übungen zurücknehmen, in mir heilen und regulieren. In den letzten Ferien habe ich mich viel mit diesen Angriffen und Verleumdungen und somit mit meinen eigenen Zweifeln beschäftigt. Nach diesen Ferien komme ich zurück in meine Praxis. Vormittags habe ich sechs Patienten. Davon sagen mir vier, dass es ihnen so gut geht wie noch nie in ihrem Leben. Dass Sachen verschwunden sind, die seit 40 Jahren nicht gehen wollten. Dass sie in Kontakt sind mit ihrem Innersten, so tief glücklich und entspannt sind. Und dann sitze ich Mittags da – der letzte Patient gerade raus – und habe einfach nur das Gefühl: Ich habe den absoluten Gnadenjob. Die pure Freude.

Bildquellen: Laurens Dillmann

Online: https://andreaskruegerberlin.de/
https://samuel-hahnemann-schule.de/

Interviews - Körperarbeit - Coaching

2 Gedanken zu “Großstadtschamanismus & Mythos Mensch – mit Heilpraktiker Andreas Krüger”

  • Unheimlich intensiv und lehrreich, in Vielem erkenne ich mich wieder, denn Grundlagen des Heilens sind immer gleich, die innere Annahme dessen, was uns aus uns selber heraus auf den Weg den Genesung führt
    Der Recovery-Gedanke, selbst schwerste innere Erschütterungen sind aus uns selber heraus heilbar, wenn wir uns nur erst einmal auf den Weg machen
    danke für das Lese -Vergnügen

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