Etwas Theorie zum Einstieg
Wir werden in einem vorausbestimmenden Augenblick geboren, an einem vorausbestimmenden Platz, und haben, wie der Jahrgang des Weines, die Qualität des Jahres und der Jahreszeit, in der wir zur Welt kamen. Nicht mehr und nicht weniger behauptet die Astrologie.
– C.G. Jung
Es kostet mich Überwindung, mich mit meiner bald zehnjährigen Faszination für die Astrologie zu outen. Zu stark wirkt noch immer das Stigma über weltfremde „Esoteriker“. Eine treffende Definition von Esoterik können aber die wenigsten geben. Esoterik definiert sich als Lehre des Inneren, eine Lehre, die nur Eingeweihten zusteht. Die Räucherstäbchen-Kristallkugel-Läden und das moderne „Lebe deinen Traum“-Social-Media-New-Age-Blabla sind dagegen Exoterik, nach außen präsentierte und markttauglich aufbereitete Religion.
Astrologie erzählt uns etwas über die Qualität der Zeit, nicht über ihre Quantität. Zum Beispiel sitzt du vier Stunden im Auto: Das ist die Quantität der Zeit. Wofür diese vier Stunden gut sind, was für eine Stimmung und Atmosphäre herrschen, womit du dich beschäftigten wirst: Das ist die Qualität der Zeit. Astrologie birgt somit den Erfahrungsschatz eines teils verloren gegangenen Wissens. Das Leben verläuft in Zyklen, Rhythmen und Phasen, nicht linear und durchgetaktet.
Astrologie ist im Kern eine Symbolsprache. Ein Astrologe ist fähig, diese zu entziffern und für andere zu übersetzen. Mit diesem Werkzeug lässt sich die Psyche des Menschen und die Dynamik der ihr innewohnenden Archetypen und Theaterfiguren besser verstehen. Vielleicht wirst du dadurch selbst zum Regisseur? Astrologie als Schlüssel zur Selbsterkenntnis, aber auch ein offenes Rätsel mit der Frage, inwieweit unser Schicksal unserem freien Willen oder höheren Gesetzmäßigkeiten unterliegt.
Zeitqualität: Vom Du zum Ich zum Wir
Im Juli ist der nördliche Mondknoten ☊ in das Zeichen Widder ♈️ gewechselt. Der südliche Mondknoten ☋ befindet sich damit automatisch gegenüber im Tierkreis, im Zeichen Waage ♎️.
Bei einem Mondknoten (auch Drachenpunkt genannt) handelt es sich nicht um einen Himmelskörper, sondern um die Achse, die zwischen der Laufbahn der Sonne, der sogenannten Ekliptik, und des um die Erde kreisenden Mondes an einem Knotenpunkt, dem Mondknoten, entsteht.
Verkürzt gesagt: Der nördliche Mondknoten symbolisiert das aktuelle Ziel seelischer Entwicklung, aus dem Südlichen heraus entwickelt die Seele sich.
Der Widder (regiert von Mars ♂) steht für Individuation, Kampf- und Pioniergeist, Aggression und Mut. Die Waage (regiert von Venus ♀) ist das Zeichen der Beziehung, Diplomatie, Kompromissbereitschaft, Harmonie und Schönheit. Wir gehen mit unserer impulsiven Individualität (Widder/Mars) in Beziehung (Waage/Venus) und begegnen einander dort in einem Tanz unserer Eigenheiten.
Welchen Konflikt scheust du? Oder stellst du dich?
Diese Zeitqualität sagt uns: Tritt in deinen Beziehungen für dich ein, für das, was du willst. Wenn du das noch nicht kannst: Werde dir klar, was du willst und sei bereit, dafür zu streiten. Vermeidest du diesen Schritt aus Harmoniebedürfnis, zerfällt du in zwei Teile (der Schatten der Waage), lebst in Co-Abhängigkeit für dein Gegenüber und entfernst dich immer weiter von dir selbst. Das führt zu unterdrückter Aggression, die keinen Kanal für ihren Ausdruck findet, und erst das richtet Schaden an, nicht die Aggression an sich. Der Kabarettist Bodo Wartke hat diese ungesunde Beziehungsdynamik in seinem Evergreen „Ja, Schatz“ besungen:
„Das kann doch gar nicht sein, ich meine Nein und sage Ja,
Das war schon immer mein Problem, auch damals vor’m Altar.“
In diesem Sinne: Ich wünsche euch einen ausgeprägten Willen, Standpunkte, die ihr verteidigen könnt, Mut zum Nein, Mut zum Ja, erfüllte Beziehungen und reichlich Lebensfreude, die euch durch diese herausfordernde Zeit tragen.